Update Verfahren Vogel ./. VG Wort

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. November 2015 in dem belgischen Verfahren Hewlett Packard ./. Reprobel die Hürden für eine pauschale Beteiligung der Verleger an der Privatkopievergütung weiter erhöht. In dem seit 2011 laufenden Verfahren Vogel ./. VG Wort wird nun der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage für Deutschland wohl im Jahr 2016 endgültig entscheiden.

Der EuGH ließ sich in seiner Entscheidung von formaljuristischen Überlegungen leiten: weil Verleger in der zugrundeliegenden Rechtsnorm, der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft, nicht als Rechteinhaber aufgeführt sind, können sie keinen Anteil an dem „gerechten Ausgleich“ für die Schranke der Privatkopie erhalten. Verleger haben keine originäre Rechtsposition, welche die Privatkopieschranke schmälert, und die deshalb finanziell ausgeglichen werden müsse. Filmproduzenten und Musiklabels dagegen haben ein eigenes Leistungsschutzrecht und erhalten deshalb ebenso wie die Urheber einen Anteil an der Privatkopievergütung. Deshalb sind auch die Mitglieder der Berufsgruppe III der Bild-Kunst (Film) von dem Verfahren nicht betroffen.
Inhaltliche Erwägungen hat der EuGH nicht angestellt. Denn wenn man nur ein wenig tiefer in die Materie einsteigt, erkennt man schnell, dass die Verleger auch ohne eigenes Leistungsschutzrecht die gleiche Einbuße durch die Privatkopieschranke erleiden wie die Urheber: es werden weniger Bücher und Zeitschriften abgesetzt und es werden weniger Texte online vermarket. Die Einschränkung des Urheberrechtes betrifft auch die Verleger, die sich im Regelfall bei der Vermarktung ihrer Produkte auf die von den Urhebern abgetretenen Rechte stützen.

Dies gilt zumindest für die Textautoren und im Bildbereich für die Illustratoren und Grafiker, die vom Verlag direkt beauftragt werden. Fotografen und Bildende Künstler, für deren Werke von den Verlegern für die Verwendung in Printprodukten eine Lizenzvergütung gezahlt wird, treten dagegen im Regelfall keine gesetzlichen Vergütungsansprüche ab. Diese Fälle kann man also anders bewerten.
Die Verwertungsgesellschaften, die auch Verleger vertreten – GEMA, VG Wort, VG Bild-Kunst und VG Musikedition – müssen nun jeweils für sich überlegen, welche Konsequenzen aus der Spruchpraxis des EuGH zu ziehen sind. Da die Lebenssachverhalte unterschiedlich sind, ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Gesellschaften künftig in der Frage der Verlegerbeteiligung unterschiedliche Wege einschlagen. Natürlich wird man noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs abwarten müssen, bevor man die Verteilungspläne in die Hand nimmt.

Und es ist abzuwarten, wie die Politik auf das Urteil des EuGH reagiert. Schließlich steht die Modernisierung der Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft derzeit auf dem Prüfstand. Die EU-Kommission will ihre Pläne für 2016 Anfang Dezember 2015 veröffentlichen. Das ist die Gelegenheit, eine echte inhaltliche Diskussion zu führen und ein sachgerechtes Ergebnis zu implementieren. Den Anstoß in diesem Spiel müssen die Verleger machen, indem sie darlegen, ob und inwieweit sie eine Modernisierung der Richtlinie zu ihren Gunsten fordern.

Währenddessen müssen die vom Verfahren Vogel betroffenen Verwertungsgesellschaften prüfen, wie sie mit den derzeitigen möglicherweise fehlerhaften Verteilungsplänen umgehen. Die Bild-Kunst prüft derzeit, ob Bildagenturen genauso betroffen sind wie Verleger. Auch steht die Frage im Raum, ob das Urteil des EuGH nur die Privatkopievergütung betrifft oder auch die sonstigen gesetzlichen Vergütungsansprüche, wie z.B. die Bibliothekstantieme.

Der Verwaltungsrat der Bild-Kunst wird in seiner Sitzung am 27. November 2015 über neue Sicherungsmaßnahmen entscheiden, die nach dem Urteil des EuGH in der Sache Reprobel erforderlich werden.

(Quelle: VG Bild-Kunst)